Pionier (Freiflug-A1-Segler) von VEB Anker Mechanik

Vorgeschichte

Über den Freiflug-A1-Segler Pionier findet man heute auf die Schnelle im Internet nicht mehr viele Informationen. Durch Zufall kam ich 2015 zu vier Bausätzen von ehemaligen DDR-Segelflug- und Wurfgleitermodellen. Sie waren für mich alle von baulichem Interesse und so habe ich mich nun nach der 'Freundschaft' an das zweite DDR-Modell gewagt, den Pionier. Der Pionier wurde von Albrecht Oschatz konstruiert. Weder im Bauplan noch in der Baubeschreibung steht, aus welchem Jahr das Modell stammt. In RC-Network fand sich ein Hinweis eines Lesers der seit 1962 nicht mehr Modellflug betreibt und der schrieb, dass er Modelle wie die Fliege, den Pionier und die Freundschaft zu jener Zeit geflogen sei. Daraus lässt sich schliessen, dass diese Modelle tatsächlich aus einer Zeit um 1960 stammen.

Pionier Zeichnung

Hier eine Zeichnung des Pioniers, nach einem Foto von der Verpackung. Man sieht die Originalform des Rumpfes mit der damals üblichen Knollennase gemäss dem Bauplan. Sie wirkt heute etwas gar konservativ. © Arnold Wirz

Der Bausatz befand sich in einem Plastikbeutel und enthielt ausser dem Leim und ein paar anderen Kleinigkeiten fast alles, was es brauchte, um mit dem Bauen beginnen zu können. Entsprechend seinem frühen Erscheinen um 1960 besitzt der Pionier ein Design, welches mit seiner Knollennase heute nicht mehr so zeitgemäss ist, obwohl das Modell eine sehr gelungene Konstruktion ist. Daher baute ich eine leicht modernisierte Variante des Pioniers. Der erste Versuch vermochte mich aber noch nicht so ganz zu überzeugen. Schrittweise habe ich mich nun an die optimale Formgebung herangetastet.

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Änderungen am Modell

Nach mehrfacher Überarbeitung des Modells ergaben sich jetzt die folgenden Änderungen:

- Flügel:

. Erhöhung der Flügelspannweite von 106.2 auf 119 cm.

. Verjüngung der Flügeltiefe an den äussersten Flügelhinterkanten.

. Statt 2 sind es jetzt 5 Knicks und etwas weniger Abwinklung.

. Einbau von Verstärkungsdreiecken.

. Flügelbefestigung mit Schraube statt gekreuzten Gummiringen

. Flügel wird auf dem Rumpf 3 cm nach hinten verlegt

. Bespannung mit Japanseide statt Seidenpapier.

 

- Rumpf:

. Ersatz der Knollennase durch einen pfeilförmigeren Vorderrumpf

. Die Ballastkammer wird nun von oben her befüllt.

. Fast der ganze Rumpf wird mit dünnem Sperrholz beplankt.

 

- Leitwerk:

. Das Höhenleitwerk erhält einen richtigen Rippenflügel.

. Das Seitenleitwerk erhält vorne eine kleine Finne.

. Leicht vereinfachte Thermikbremse.

Pionier endgültiger Rohbau

Hier der Rohbau vom Modell in der überarbeiteten Version mit einem 5-fach genickten Flügel und weniger Abwinklung. Das neue Höhenleitwerk sieht eleganter und professioneller aus als ein gewöhnliches Balsabrettchen. 

Aus diesen kleinen Änderungen resultiert kein Mehrgewicht. Die Änderungen sind sehr diskret, doch erhält das Modell so ein leicht moderneres Aussehen und hoffentlich auch leicht verbesserte Segelflugeigenschaften. Es wird zudem etwas robuster in der Handhabung. Im Rohbau hinterlässt der Pionier nun einen sehr gefälligen und harmonischen Eindruck, was aufzeigt, dass der Konstrukteur Albrecht Oschatz mit dem Grundmodell des Pioniers ein sehr zukunftsfähiges Modell entworfen hat. Für den Puristen sieht die Sache natürlich etwas anders aus. Für ihn gilt das Modell nun als verbastelt, doch damit kann ich leben. Die Boeing 737-10 sieht ja auch nicht mehr so aus wie 1963

 

Bau des Modells

Mit dem Rohbau des überarbeiteten Modells bin ich bereits zu Ende. Es folgt noch die Bespannung und die Lackierung.

Auch dieses Modell erhält bei mir keine Vorrichtung für den Hochstart, da ich meine Modelle grundsätzlich durch Handwurf auf die Ausgangshöhe von etwa 10 Metern befördere. Bei geeigneter Thermik oder an einem Abhang gelingt das meist gut. Beibehalten habe ich hingegen die Thermikbremse mit Glimmschnur. Sie ist unkompliziert, erinnert etwas an die Pionierzeit der A1-Flugmodelle und passt hervorragend zum Namen des Modells. Das modernisierte Aussehen unter Beibehaltung der historischen Thermikbremse ist kein Widerspruch.

Das Modell ist nun in den Klassen F1A oder A1 wettbewerbstauglich, sobald man die Hochstartvorrichtung nachrüstet. Da ich aber keine solchen Wettbewerbe fliege, verzichte ich darauf.

Die Bespannung des Modells erfolgt mit der strapazierfähigeren Japanseide. Die Flügel erhalten eine hellrote Farbe aus der Sprühdose, der Rumpf wird mit Spannlack gestrichen. Die Beplankung mit dünnen Sperrholz bewirkt, dass der Rumpf keine Dellen bekommt. Die Japanseide sorgt für gute Langsamflugeigenschaften und verzögert den Strömungsabriss (im Gegensatz zu einer Folienbepannung).

 

Flugleistungen des Modells

Der Pionier liegt mit seinen Leistungen zwischen dem Piccolo und dem Flamingo, beide von C. Streil & Co., Zürich.

 

Technische Daten

Spannweite des Flügels: 119 cm, im Original 106.2 cm

Flügeltiefe: 12.7 cm

Flügelfläche: 14.99 dm², Original 13.42 dm²

Spannweite des Höhenleitwerks: 39 cm

Flügeltiefe des Höhenleitwerks: 7.6 cm

Höhenleitwerksfläche: 2.96 dm², Orignal 3.2 dm²

Gesamttragfläche: 17.95 dm²

Länge: 80.5 cm

Gewicht: 240 g inkl. Bleiballast

Flächenbelastung: 16.01 g/dm²

Gesamtflächenbelastung: 13.37 g/dm²

Flügelprofil: MVA 85

EWD 2.5°

V-Stellung der Flügelohren: 2 x 25° im Original

V-Stellung neu: Flügelmitte: 6°, aussen: 4 x 7°

Schwerpunkt: etwa bei 40% der Flügeltiefe

 

Der Beitrag wurde durch Arnold Wirz letztmals nachgeführt am: 29.10.2016

Quellen: eigene, RC-Network

Letztmals redigiert: 22.4.2025